Wir haben noch nicht genug vom Schnee und wechseln von Südtirol aus ins Engadin in der Schweiz. Dort erwartet uns eine spannende Unterkunft, die wir im Sommer 2022 bei einer Woche Campingurlaub auf einer Radltour dort entdeckt haben. Es handelt sich um einen ehemaligen Bauernhof in alpiner Alleinlage in der Nähe des Ortes Maloja und des Silser Sees.

In den 70er Jahren kaufte ein schweizer Paar den Hof „Salecina“ mit dem Ziel, einen Ort zu schaffen, an dem sich Leute aus der Schweiz, aus Deutschland, Italien und Österreich treffen, um sich zu begegnen, um politisch zu diskutieren, die Natur zu genießen und sich selbstverwaltet im Haus zu organisieren. Damals wurde als eine der ersten Aktionen eine rote Fahne gehisst und schnell war Salecina in der ländlichen Umgebung als Kommune abgestempelt. Seitdem wurde viel umgebaut, diskutiert und eine „Grundstruktur“ geschaffen. Salecina ist ein Bildungs- und Begegnungshaus, das auch für Leute, die nicht so betucht sind, bezahlbar ist. Möglich wird dies durch Gäste, die etwas mehr Geld zur Verfügung haben. Diese können einen Solidarpreis zahlen und so finanzieren sie Gäste, die hier unterkommen aber nicht so viel Geld haben, teilweise mit. Das Haus kann ca. 50 Leute beherbergen. Wir hoffen auf spannende Begegnungen, traute Zweisamkeit haben wir ja viel in diesem Jahr. Uns reizt auch, dass es auf 1800 Metern liegt und so Schneesicherheit fürs Langlaufen gegeben ist, die Loipe direkt am Haus vorbeigeht und die Möglichkeit für Skitouren besteht. Nachhaltigkeit ist in Salecina ein wichtiger Aspekt. Die Lebensmittel stammen, wenn es geht aus der Region und von Biopartnern. Und wer mit dem Auto anreist statt mit Öffis zahlt eine Klimaabgabe.

Etwas aufgeregt kommen wir in Salecina an. Der Weg zum Haus ist eine echte Offroadstrecke und wir sind froh, am frühen Abend anzukommen. Dagmar, eine der Hauswirtinnen zeigt uns das Haus, gibt uns die Bettwäsche und zeigt den Dienstplan: jeder Gast pro Tag „ein Ämtli“ ist die Devise. Christian wählt sofort Kochen und wundert sich, dass es ein sehr unbeliebter Dienst ist. Dann suchen wir uns freie Betten im 12er Zimmer und lernen die ersten Mitbewohner:innen kennen. Das fühlt sich schon mal gut an.

Um 18:00 Uhr ist Menüplanung im kleinen Speisesaal. Interessierte Gäste planen das Abendessen für die nächste Woche. Dagmar leitet die Sitzung und es fühlt sich voll nach Gesamt- oder Förderschule an. Selbst der kleine Juri (6 Jahre) gibt seinen Senf zum Essen dazu. Eine Gästin wünscht sich, dass es einmal Fleisch gibt. Okay, alle Anderen stimmen zu, dass es Hirschgulasch geben soll. Dafür wird ein:e Verantwortliche:r gesucht. Keine:r traut sich so richtig ans Gulasch ran. Schließlich meldet sich Christian unter der Bedingung vorher auch schon mal kochen zu können, um die Küche und den Profiherd kennen zu lernen.

Nach der Planung gibt es ein leckeres 3-gängiges Abendessen, alles von den Gästen selbst gekocht. Dann findet wie jeden Abend das Plenum, das Koordinationstreffen, statt. Neue Gäste werden vorgestellt, abreisende verabschiedet und es werden die letzten Dienste für den kommenden Tag verteilt. Es klappt alles erstaunlich gut. Das Haus ist sehr sauber, das Essen super und auch die Stimmung ist klasse.

Nach dem gemeinsamen Frühstück schnallen wir die Langlaufski an. Wir fahren durch den Wald ins etwa 9 km entfernte Sils. Da waren wir ja schon mal im Sommer und auch jetzt ist ein Besuch in diesem beschaulichen Örtchen sehr nett. Zurück wollen wir über den See fahren, der angeblich zugefroren ist. Aber mitten auf dem See sind Wasserlachen und Christian findet es unheimlich, der Loipe zu folgen. Er bekommt sogar nasse Füße. Als Christian die Festigkeit des Eises mit dem Skistock prüft, muss er an „Ice Age“ denken. Breitet der Riss sich jetzt aus? Es ist ein spannender Rückweg und Christian ist froh am Nachmittag heil nach Salecina zurück zu kommen. Barbara ist bei der Angelegenheit entspannter. Sie beobachtet, dass die kleinen Spurfahrzeuge auch über den See cruzen ohne einzubrechen. Außerdem erinnert sie sich nicht an „Ice Age“ 😊. 

Bei unserem ersten Kochämtli bereiten wir Salat, Ofengemüse mit Reis und Mousse au chocolate für 50 Personen zu. Es macht Spaß mit dem bunt zusammengewürfelten Kochteam für so viele Leute zu kochen.

Am nächsten Abend haben wir uns für den Spüldienst eingetragen. Das klappt ganz gut, bis wir auf einmal erfahren, dass wir die gesamte Küche putzen müssen, inklusive wischen. Aber eine Gästin, die uns bedauert hat Mitleid und hilft uns einfach so. Und mit Musik, netten Leuten und einem leckeren Getränk geht vieles leichter. 

Highlight unserer „Ämtli“ ist das Kochen des Hirschgulasches und der  vegetarischen Alternative Pilzragou. Irgendwie will beim Gulasch jeder mitreden und in der Küche ist Christian kein guter Teamplayer. Aber es läuft besser als gedacht. Er entscheidet sich das Gulasch einfach am Abend vorher zu kochen und hofft, dass er die Küche für sich alleine hat. Aber Jenny besteht darauf mitzukochen und es klappt erstaunlich gut. Vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass die Beiden sich mit der Anzahl der Weinflaschen vertan haben und die „zu vielen“ trinken müssen. Der Hirsch braucht Betreuung bis 0:30 Uhr aber es lohnt sich.

Am nächsten Morgen laufen wir mit Langlaufski ins Val Fex. Die Tour hat es in sich, denn es sind 480 Höhenmeter zu überwinden und davon sind einige Anstiege sehr steil. Schon tief im Tal vor einem weiteren steilen Stück treffen wir die Freundinnen Miriam und Miriam, kurz M & Ms, aus unserer Unterkunft. Christian, der schon aufgeben wollte tut sich mit ihnen zusammen und die DREI motivieren sich auf dem letzten Stück bis zum Talschluss. Dort wartet eine Hütte auf uns mit einer leckeren Engadiner Nusstorte. Der Rückweg flutscht, es geht ja vorwiegend bergab.

An einem anderen Tag mit strahlend blauem Himmel brechen wir direkt von unserer Unterkunft zu einer Skitour auf.

An einem anderen Tag mit strahlend blauem Himmel brechen wir direkt von unserer Unterkunft zu einer Skitour auf. Die Idee ist, einer Schneeschuhspur Richtung Cavloc See zu folgen, dann weiter durch den Wald den Hang hinauf zu gehen und wieder abzufahren. Der Aufstieg verläuft gut und ist ein Genuss in der Natur. Der erste Teil der Abfahrt gestaltet sich für Christian schwierig: Latschen und Felsen machen es etwas schwierig aber das Naturerlebnis ist fantastisch. Wir laufen über den See und steigen dann nochmal Richtung Fornogletscher auf. Diesen Aufstieg brechen wir allerdings ab, da es im Wald zu eng ist und gleichzeitig steil ansteigt. Weiter unten können wir auf einem Forstweg zurückfahren.

Im Lauf der Tage machen wir noch ein paar Langlauftouren bei bestem Wetter und am letzen Tag bei Schneefall. Der Schneefall wird immer dichter und der Schnee türmt sich schließlich so hoch auf, dass unser Bulli nahezu verschwindet. Am späten Nachmittag bricht Christian mit Schaufel und Besen zum Parkplatz auf, um das Auto freizuschaufeln und die Schneeketten anzulegen. Es dauert lange, den Wagen auszugraben, macht aber Spaß. So steht der Bulli abends bereit, damit wir am nächsten Morgen früh loskommen. Barbaras Mutter hat Geburtstag und wir wollen schon einen Tag früher da sein.

Am nächsten Morgen, gerade als wir loswollen, wird die Hauptstraße, die Maloja mit dem Rest der Welt verbindet, wegen Lawinengefahr gesperrt. Die Sprengungen sind zu hören und es bleibt uns nix anderes übrig als darauf zu warten, dass die Straße wieder freigegeben wird. Die Natur sieht über unsere Pläne hinweg. Wir schaffen es, uns den Bergen zu ergeben und genießen die Schneemengen beim Herumtoben. Christian kümmert sich um ein gemütliches Kaminfeuer in Salecina und wir spielen mit anderen Gästen, die festsitzen, weil die Öffis auch nicht fahren können. Weil eine Mitgästin am nächsten Morgen auch nach Hause fahren will, ziehen wir alle Drei nochmal los und buddeln auch ihr Auto aus. Um 20:30 Uhr kommt dann die Nachricht, dass die Straße wieder offen ist. Der Pass, den wir hinter der freigegebenen Straße fahren müssen, ist aber noch nicht geräumt und da wir nicht die Nacht auf dem Pass verbringen wollen, entscheiden wir uns erst am nächsten Morgen zu fahren. Über den Pass wird es nochmal spannend (Schneekettenpflicht), denn die Straße ist noch mit Schnee bedeckt. Wir fühlen uns sicher und kommen heil auf der anderen Seite an.

Und zu Salecina sagen wir: „Heute ist nicht alle Tage, wir kommen wieder – keine Frage?!

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