Es zieht uns nochmal in die winterlichen Berge. Wir wollen Skitouren machen und haben kurzfristig einen Skitourenkurs in Österreich gebucht. 

Ein paar Tage vorher bekommen wir von Mitreisenden die Anfrage ob sie bei uns ab München mitfahren können. Die Bahn streikt und zu Fuß ist es definitiv zu weit bis zum Treffpunkt in den Kitzbühler Alpen. Wir gabeln Karin und Edith an einem Münchner S-Bahnhof auf und freuen uns, dass der Bulli nun besser bestückt ist. In den restlichen zwei Stunden Fahrzeit können wir uns schon etwas kennen lernen. Es geht weiter Richtung Kelchsau und mit guter Stimmung und vielen Geschichten vergeht die Fahrzeit im Nu. Edith und Karin kommen übrigens aus Düsseldorf. So klein ist die Welt.

Treffpunkt mit der Bergführerin ist der Parkplatz an der Materialseibahn zur Neuen Bamberger Hütte. Wir treffen dort auf Petra, unsere Bergführerin und Yossi, einem Israeli, der vom Skitourengehen träumt.

Die Materialseilbahn

Nach einem sorgsamen Materialcheck und dem Anfellen geht es los. Zunächst packen wir die Ski an den Rucksack und stapfeln auf einem idyllischen Waldwanderpfad los. Irgendwann reicht der Schnee aus, um die Ski anzuschnallen. Der Anstieg ist anspruchsvoll und wir sind froh, Petra dabei zu haben. Sie erklärt viel und wir können uns ausprobieren. Am späten Nachmittag erreichen wir die Bamberger Hütte. Eine schöne, lehrreiche und anstrengende Tour mit Sonne am Abend.

Martin und Edith, die Hüttenwirte haben die Neue Bamberger Hütte erst letzten Sommer übernommen. Aber sie geben jedem Gast nicht nur das Gefühl willkommen zu sein, sondern auch irgendwie dazu zu gehören. Wir beziehen ein 4er Zimmer mit „unserer Edith und Karin“ und es passt alles.

Blick aus unserem Zimmer
Inklusive Bamberger Reiter!

Das Abendessen ist klasse. Danach planen wir unter Anleitung von Petra den nächsten Tag. Hangneigung, Lawinenwarnstufe, Aufstiegsdauer und noch vieles mehr muss berücksichtigt werden. Ziel für morgen früh ist der Tristkopf, 2361m hoch. Während des Aufstieges mit einer starken Brise gibt es immer wieder Tipps und Hinweise von Petra zur Skitechnik und zur Beurteilung des Schnees. 

Wir erreichen den Gipfel nach 3h bei Sonnenschein aber starkem Wind. Die ersten 100m der Abfahrt sind für Christian etwas schwierig aber danach ist es ein Skitraum! Petra findet immer den fluffigen Schnee für uns. Unterwegs sammeln wir Edith ein, die nicht ganz mit zum Gipfel aufsteigen wollte, dann  geht es weiter bergab. An einer für uns harmlos aussehenden Stelle lässt Petra uns einzeln und mit Abstand einen Hang queren. Direkt hinter Christian löst eine Teilnehmerin ein kleines Schneebrett aus und rutscht mit dem Schnee 30m hangabwärts. Das ist sehr aufregend.  Der Hang war zwar so gewählt, dass das Brett nach wenigen Metern zum Stehen kommt, trotzdem müssen wir alle schlucken und natürlich hat die direkt betroffene Teilnehmerin daran zu knapsen.

Am Nachmittag üben wir dann Lawinenverschüttetensuche mit sogenannten LVS Geräten und Sonden. Das macht Spaß, aber hoffentlich kommt es nie zum Ernstfall!

Wir haben einen netten Abend auf der Hütte und bereiten im Auftrag unserer Bergführerin selbstständig die Tour für den nächsten Tag auf die Stanglhöhe vor. Wir planen die Route, berechnen die Aufstiegsdauer, schätzen die Lawinengefahr anhand des Lawinenlageberichts ein und kommen dabei ganz schön ins Schwitzen. Am nächsten Tag fellen wir zum Aufstieg wieder an und nach kurzer Zeit machen wir auch noch die Harscheisen an die Ski. Sie geben an einem eisigen Hang besseren Halt. Kurz vor dem Gipfel streiken Christians Felle und er gerät ins Rutschen. Mitten im Steilhang muss er abschnallen. Petra trocknet Christians Felle, dann schnallt er die Felle wieder an. Sie kleben wieder ganz gut und halten glücklicherweise bis nach ganz oben. Am Gipfel mit einem Panoramarundblick erklärt Petra sämtliche Berge. Sie kennt echt jede Spitze in der Nähe und auch die, die weit weg sind.

Ein kleines Stück fahren wir noch alle zusammen ab, dann trennen sich unsere Wege. Wir fahren zurück zur Neuen Bamberger Hütte und unsere restliche Gruppe fährt zurück zum Ausgangspunkt. Unser gemeinsamer Skitourenkurs ist zu Ende, die Anderen fahren nach Hause. Wir Beide verlängern noch eine Nacht in der Hütte. Der Rückweg zur Hütte ist schwerer als vermutet. Der Wind bläst so extrem entgegen, dass es auf der Ebene anstrengend ist, voranzukommen. Dann endlich erreichen wir den letzten Hang, fellen ab fahren ab bis direkt vor die Hütte. Wir genießen den Abend auf der Hütte, gehen früh schlafen und freuen uns auf den nächsten Tag.

Kampf gegen den Wind

Nach einem für eine Berghütte feudalen Frühstück starten wir mit dem Gefühl, bestimmt wiederzukommen, vielleicht auch mal im Sommer. Wir wollen nur ca. 200m aufsteigen, über einen See queren und dann runter Richtung Parkplatz fahren. Am Morgen ist der Schnee noch eisig und Christian legt recht bald die Harscheisen an. Er fühlt sich damit einfach sicherer.

Am Manzenkar angekommen, fellen wir ab und bereiten uns auf die Abfahrt vor. Von hier aus führt ein steiler Hang hinunter zur Manzenkar Alm. Danach fährt man über flachhügelige Wiesen, später durch Wald zu einem Forstweg, der zum Parkplatz führt. Die Abfahrt  durch das Kar ist sehr zerfahren – viele Spuren zeugen von den Skifahrer:innen, die vor uns durch den Tiefschnee geballert sind. Das Problem ist gerade, dass es kein weicher Schnee ist sondern durchfrorenes Eis mit tiefen Spuren. 

Barbara fährt voraus und Christian lässt sich immer mal wieder seitlich abrutschen. Kurz vor dem Ende des Hangs denkt er sich: noch drei Bögen,  dann kann ich es laufen lassen. Er fährt die drei Bögen und wechselt dann in die Falllinie. Er beschleunigt und als er eine Kurve fahren will, um Geschwindigkeit rauszunehmen, gerät er in eine Spur. Er bleibt hängen und wird Richtung Tal geschleudert. Er schlägt mit Schulter und Kopf auf das Eis und spürt sofort, dass etwas gebrochen ist.  Der rechte Arm schmerzt unglaublich stark und die Nase blutet. Der Arm liegt da, wo er nicht hingehört. Christian schreit vor Schmerzen, Barbara eilt zu ihm und es ist klar: wir brauchen Markus Kofler und seine Bergretter (Christian mag manchmal einfache Serien im TV, Seifenopern halt, wie z.B. die Bergretter im ZDF: einfache Geschichten um den Bergführer Markus Kofler am Dachstein in schöner Natur.)

Hoffentlich haben wir Empfang?! Wir haben zwar einen Satellitennotruf dabei aber Barbara hat es nie geübt und es funktioniert anders als ein Handy. Zum Glück hat Barbara Netz und weiß wo wir sind. So setzt sie den Notruf ab. Danach schnallt sie Christians Ski ab, packt ihn in eine warme Daunenjacke und legt eine Rettungsdecke zwischen seinen Körper und den Schnee. Er friert trotzdem und sein Kreislauf spielt verrückt. Also Beine hoch! 15 Minuten später hören wir einen Hubschrauber. Christian sagt: da muss noch jemand verunglückt sein, ein Heli kommt. Erst danach realisiert er, dass der Heli für ihn kommt.

Rettungssanitäter und Notärztin springen aus dem Heli, der nur kurz mit den Kufen aufsetzt. Danach zieht sich der Heli zurück und landet ca. 100m unterhalb. Nach einer gründlichen Untersuchung sagt die Notärztin, dass sie jetzt ein starkes Schmerzmittel geben würde. Dann legt der Sanitäter eine Schlinge um Christians rechten Arm, um ihn für den  Transport vorzubereiten. Das Schmerzmittel fängt an zu wirken. Es beruhigt und hilft. Barbara darf nicht mitfliegen und soll weiterfahren bevor der Heli wieder kommt! Hoffentlich kommt sie nun allein heil hinunter und findet den Weg?

Nach einer kurzen Zeit ist Christian sogar selbst in der Lage in den heranschwebenden Hubschrauber zu steigen. Durch das Zaubermittel hat er sogar den Eindruck, er könne auch ganz ohne Heli ins Krankenhaus fliegen. Er lässt sich willenlos auf die Liege schnallen und schwebt sanft in  Richtung Kufstein ins Krankenhaus. Die Landung verläuft wie bei den Bergrettern im Fernsehen. Der Heli landet auf dem Dach und mit der Liege geht‘s rasant in die Notaufnahme. Es geht weiter wie bei Grey’s Anatomy (ist Christian wohl in die Serienwelt abgedriftet?). Christian wird ausgezogen, verkabelt und erstmal zum Röntgen gebracht. Er denkt die ganze Zeit nur: mein schöner Arm, er gehört nicht dahin, der ist falsch da wo er ist. Aber dank der Droge ist der Schmerz nicht mehr so schlimm. Dann kommt die Diagnose. Die Schulter ist ausgekugelt und es sind Bruchstücke vom Knochen erkennbar. Über eine Stuhllehne wird die Schulter wieder eingerenkt. Das Kontrollröntgen ergibt, dass die Pfanne mehrfach gebrochen ist.

Hier braucht es dann einen Schulterspezialisten, und einen davon gibt es in Bamberg. Wir entscheiden uns also nach Bamberg zu fahren. Christian bekommt einen Termin in der Sprechstunde der Unfall- und Traumaambulanz und nach einem CT ist klar, dass die Schulter operiert werden muss. Barbaras Familie kümmert sich liebevoll um Christian. Eine Woche später wird er operiert und noch am Tag der OP fängt die Physio an. Jessica, Barbaras Schwägerin, arbeitet im Klinikum Bamberg und und trainiert die ersten Millimeter Bewegung. Jessica weist Barbara auch in die ersten möglichen passiven Übungen ein. Somit setzen wir alles dran, dass Christian bald wieder aufs Fahrrad steigen kann!!!!

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3 Kommentare

  1. Euer Bergretter Bericht hört sich nicht wie ein Aprilscherz an, leider!
    Wir wünschen schnelle Genesung und Erfolge bei der Wiederherstellung aller Funktionen der Schulter!
    Christian, bitte immer schön üben, damit du bald wieder mit der Kreide die Schultafeln beschriften kannst!
    Grüße von Marion und Gerald

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