Als ersten Übernachtungsplatz in Norwegen wählen wir einen Campingplatz in Halden. Er liegt etwas abseits unserer Route, dafür aber in historischer Kulisse. Der Camping ist in eine alte Burganlage integriert und wir fahren 160 Höhenmeter hinauf zur Burg. Nachdem wir die Hälfte des Anstieges hinter uns haben öffnet Petrus alle Schleusen und wir werden richtig nass. Kein Wetterbericht hatte diesen Platzregen angekündigt und so erwischt dieser uns voll.

Nach dem Burgcamping fahren wir weiter Richtung Oslo.

Babsi findet eine wirklich schöne wilde Camping-Möglichkeit an einem kleinen malerischen See. Ich kann mich irgendwie nicht so richtig mit dem Wildzelten anfreunden. Ja, ich weiß, es gilt das Jedermannsrecht (Allemannsretten, auf Norwegisch). Es ist ein traditionelles Recht aus der Antike. Seit 1957 ist es ein Teil des norwegischen Gesetzes über die Erholung in der Natur. Das Recht sorgt dafür, dass jeder die Natur erleben kann, auch auf großen, privaten Flächen. Man darf auf dem Land, in Wäldern und Bergen unter freiem Himmel schlafen oder ein Zelt aufstellen – unter einer Voraussetzung: Es sollte mindestens 150 Meter Abstand zum nächsten bewohnten Haus oder zur nächsten bewohnten Hütte gehalten werden. 

Aber oft ist nicht so klar ob man weit genug weg ist oder ob man gesehen wird und jemand etwas Böses will? Da aber auch der nächste Campingplatz nicht in Sicht ist, bleiben wir. Und ich muss zugeben, letztendlich begeistert mich dieser Platz total! Wir schwimmen abends und morgens im See und bis auf eine einsame Norwegerin, die traurig am See sitzt, sind wir völlig ungestört. 

In Oslo entscheiden wir uns für ein Airbnb. Warmshowers klappt nicht und Stadtcampings sind nicht unser Ding – wie wir auf der Reise merken.

Auf dem Weg durch Oslo zu unserem Appartement kommt doch tatsächlich etwas Missstimmung auf. Wir möchten etwas auf die Hand essen. ABER Barbara kann sich nicht entscheiden. Letztendlich wählen wir einen kleinen vietnamesischen Take away. Es war Christians erster Vorschlag und so fahren wir wieder einige Kilometer zurück.  Wir essen dort sehr lecker während es draußen regnet. Als wir fertig sind, ist der Regen vorbei. Dieses wechselhafte Wetter begleitet uns in Oslo. 

Danach geht’s zur Einliegerwohnung bei Carsten, unserm Osloer Gastgeber. Er ist  Radler und hat  viele Tipps und Hinweise für uns.

Barbara kennt den Vigeland-Park und motiviert mich, dorthin zu fahren. Der Park interesserte mich anfangs nicht,  jetzt  begeistert er mich total. Die Skulpturen vor Ort machen irgendetwas  mit den Besucher:innen und sorgen für ein phantastisches Kunst Erlebnis. Erwachsene und Kinder klettern auf den Figuren herum, stellen die Szenen nach, dadurch ist eine wunderbare, lebendige Stimmung vor Ort.

Der Park ist das Lebenswerk des Bildhauers Gustav Vigeland (1869-1943), mit mehr als 200 Skulpturen in Bronze, Granit und Schmiedeeisen. Mit den Skulpturen wird der Zyklus des Lebens dargestellt. Die Bronzestatue des kleinen Trotzkopfs und der Monolith sind die  bekanntesten Skulpturen des Parks.

Anschließend radeln wir noch zur Oper, ein Gebäude mit einer sehr bemerkenswerten Architektur. Ich bitte einen Jungen, ein Foto von uns zu machen. Der stellt sich doof: kein Englisch, kein Norwegisch, kein Deutsch….. Dann schaltet sich die Mutter ein. Dustin hatte sich stumm gestellt, weil er Angst hat, etwas falsch zu machen. Er ist Deutscher, Christian quatscht mit ihm und dann knipst Dustin uns doch noch.

Nun geht es Richtung Trondheim weiter. Wir wählen eine Route durchs Innland, durch Østerdalen, d.h. so viel wie „östliches Tal“. Gerne würden wir die komplette Küste entlang radeln. Das ist aber sehr weit und die Route hat viele Höhenmeter. Wir wollen aber vor dem ersten Schnee im Norden sein und so werden wir erst ab Trondheim an der Küste entlang radeln.

Kaum haben wir Oslo verlassen, begegnen wir schon dem ersten Eisbären auf unserem Weg.

Abends campen wir direkt neben einer Schule und so werden wir morgens vom Schulgong geweckt (obwohl hier noch Ferien sind). Übrigens kommt der Gong zeitgleich mit dem Start der ersten Dienstbesprechung an unseren Schulen. 

Weiter geht’s entlang des Miøsa-Sees = größter See Norwegens. Auf einem Campingplatz treffen wir zwei rumänische Familien, die jeweils mit ihren beiden Kindern (3 und 1,5 Jahre alt) und Fahrrad unterwegs sind. Wir sind beeindruckt wie sie das managen und fühlen uns als WEICHEIER… Wir essen zusammen zu Abend, unterhalten uns nett, auch über unsere Erfahrungen und Erlebnisse unseres Rumänienurlaubes von vor zwei Jahren, frühstücken am nächsten Morgen und dann geht es weiter.

Dann im Laufe des Tages ertönt ein schriller Alarmton aus dem Handy. Norwegen gibt eine Warnmeldung über Cellbroadcast raus. Starkregen mit Gefahr von Überflutungen werden gemeldet. Wir suchen uns eine Hütte auf einem Campingplatz an einem großen See für zwei Nächte und hoffen auf das Beste. Im Gegensatz zu südlicheren Teilen in Norwegen haben wir Glück. Unwetter „Hans“ streift uns nur am Rande und bringt nur ab und zu mal etwas Regen und  wir haben gleichzeitig  einen Tag Radlpause.

Die Landschaft wird sehr einsam und verlassen. Wir müssen immer sehr genau gucken wo es die nächste Einkaufsmöglichkeit gibt (das hatten wir doch schon mal ganz am Anfang in Niedersachsen!), Cafés gibt es hier gar nicht mehr und so kochen wir uns nachmittags selbst ein Tässchen Espresso für jeden.

Ich bekomme etwas Heimweh und merke wie es die Stimmung runterzieht. Bedenken hatte ich im Vorfeld wegen des sportlichen Charakters unserer Tour: erfreulicherweise komme ich aber gut klar. Allerdings fehlen mir meine sozialen Kontakte. Barbara empfiehlt, dass ich doch regelmäßig mit zu Hause telefonieren könnte. Gesagt, getan: Stöpsel ins Ohr und los geht´s mit dem Quatschen beim Radeln. Wir fangen an, Podcasts, Musik oder Hörbucher beim Radeln zu hören. Das macht Spaß und gibt manchmal auch Schwung beim Bergefahren. Zwischendurch fängt Barbara oder Christian manchmal spontan zu lachen an, dann wird gerade etwas Lustiges im Podcast erzählt. 

Bei unserer weiteren Fahrt durch Østerdalen begleitet uns der Regen. Es regnet mindestens einmal pro Tag und oft auch nachts aber meistens haben wir Glück. Entweder kaufen wir gerade ein (vorausgesetzt es gibt überhaupt einen Laden) oder wir kommen gerade auf dem Campingplatz an oder sitzen schon im Zelt. Und wenn es uns doch erwischt, dann mal zwei Stunden lang und danach hört es wieder auf. Die Überschwemmungen und Erdrutsche bekommen wir nur durch Nachrichten mit oder durch andere Reisende, die davon erzählen aber zum Glück nicht live.

Die Landschaft zeichnet sich hier aus durch Wälder, Seen, Flüsse, Berge und ab und an auch mal durch etwas Landwirtschaft. Uns begeistert die Vegetation: zuerst wissen wir nicht, was da am Boden in den Wäldern so hell leuchtet. Wir erkunden es: es ist sehr weich, fühlt sich wie Moos an. Wir erkundigen uns. Es handelt sich um die Rentierflechte. Sie gilt als das Hauptnahrungsmittel der Rentiere.

Wir kennen sie eher von der Verwendung zu Dekorationszwecken, z.B. als kleine Bäumchen oder auch als Modelle im Architekturbereich und für Modelleisenbahnanlagen. Gerne wird sie auch für Friedhofsgestecke und in Weihnachtsdekorationen verwendet.

Die Kombination aus lichten Kiefernwäldern, Rentierflechte und blühender Heide finden wir klasse, kilometerlang können wir uns gar nicht satt sehen.

Für Angelfans ist die Gegend ein Eldorado. Wir finden Beeren und Pilze, wobei wir die Pilze stehen lassen, da wir uns überhaupt nicht auskennen damit. Ansonsten sind hier wenige Touristen unterwegs.

Während unserer ersten Fjellerfahrungen taucht plötzlich Rudolph mit zwei Kollegen auf und holt Christian fast vom Fahrrad.

Etwas belebter wird es zwischendurch in dem Bergdorf Røros. Es ist eine der ältesten Städte mit Holzgebäuden in Europa und zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe. Es entstand 1644 nach der ersten Kupferentdeckung in der Region. Im Laufe der Jahre wurde es eine der wichtigsten Bergbaustädte in Norwegen. Heute wird es nur noch museal ausgeschlachtet.

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2 Kommentare

  1. Vielen Dank für eure Berichterstattung – wir freuen uns stets über einen neuen Abschnitt – also bitte weiterschreiben 😉 ganz liebe Grüße zu Euch
    ps. Ihr könnt gern auch bei uns mal anrufen 😀

  2. Genau!!!
    Ich bin immer begeistert eure Berichte zu lesen und muss an vielen Stellen herzlich lachen….
    „Unser Chrissi ,“ würde Reinhard sagen ❣️
    Wünsche euch weiterhin eine tolle Tour mit wenig regen !
    Lg Beate

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