Wir starten in den nächsten Routenabschnitt. Die nächsten 650 Kilometer führen uns am Kystriksveien entlang bis nach Bodø. Sie wird beschrieben als eine der schönsten Reiserouten an einer Küste. Wir sind gespannt, das klingt vielversprechend. 

Gleich nach der abendlichen Fährfahrt finden wir einen einsamen Übernachtungsplatz in einer Bucht. Wir stellen das Zelt am Kieselstrand (bei Vanvikan) auf, kochen etwas, gehen baden und zur Krönung macht Christian noch ein Lagerfeuer. Weit gegenüber funkeln die Laternen von Trondheim und zu allem gesellt sich auch noch ein Regenbogen. Ist das noch zu toppen? Ein paar Regentropfen helfen, sich ins Zelt zurückzuziehen. 

Es ist mal wieder Sonntag, auf den nächsten 80 Kilometern gibt es nichts außer ein paar Höfen. Auf dem Weg finden wir plötzlich einen toten Dachs an Straßenrand. Das schöne Tier ist noch warm und sieht äußerlich unverletzt aus. Das langsame Reisen macht uns ja eh hin und wieder sentimental und so fahren wir irgendwie etwas traurig weiter.  In einem Selbstbedienungshofladen nehmen wir Eier mit und auf einem Friedhof tanken wir wie so oft Wasser. Wir machen viele Höhenmeter, Christian hat den zweiten Platten auf der Tour. Die Bauern mähen fleißig ihre Wiesen und legen Vorräte für den Winter an. Die Landschaft ist getupft mit den weißen Ballen. Debbie, Mina und Linnea nannten sie früher immer Marshmellows.

Wir finden wieder einen besonderen Platz in der Wildnis für unser Zelt, leider ohne Zugang zum Wasser (Steilküste).

Erst nach zwei bis drei Tagen am Kystriksveien kommen uns ab und an Radreisende entgegen.  Es ist immer noch wenig los.

Das Wetter ist vorwiegend gut. Immer mal wieder erwischt uns aber auch ein Schauer. 

Die Mittagsbrotzeit in einem Supermarkt mit Kaffeeautomaten und Sitzgelegenheit sieht dann schon auch mal so aus:

Apropos Brotzeit. Da möchte Barbara mal von ihrem norwegischen braunen Lieblingskäse berichten, der hier regelmäßig auf unser Brot kommt. Also, Barbara fand ihn schon beim ersten Gang in den Supermarkt in Schweden und war super glücklich. Sie kennt den Käse von ihrer ersten Norwegenreise und hat ihn damals so lieben gelernt, dass sie zurück in Deutschland schnell Entzug hatte. Manchmal hat sie Glück und kann ihn in Bochum in gut sortierten Käsetheken finden. Es handelt sich um den Käse, der Gudbrandsdalen heißt und hier in jedem Supermarkt zu finden ist. Unkompliziert wie vieles hier kann man aber auch einfach nach Brown cheese oder brunost fragen. Dann fangen die Eingeborenen an zu schwärmen.

Wer Interesse hat, der kann nun hier die folgenden Infos über den Käse lesen.

„Er heißt Gudbrandsdalkäse, weil er aus dem Tal Gudbrandsdalen kommt. Er wird aus Kuhmolke, Sahne, Kuhmilch und ungefähr 10 % Ziegenmilch hergestellt. Der Käse hat eine zart-braune Farbe und einen deutlichen Beigeschmack von Karamell, der aus dem besonderen Herstellungsprozess resultiert: Die Milch wird aufgekocht, bis der darin enthaltene Zucker karamellisiert und dem Käse seine charakteristischen Eigenschaften verleiht.“

Barbara bietet in zu Hause auch immer wieder Christian oder Gästen an aber so wirklich gut, kommt er nicht an. Auf unserer Tour kommt Christian auf den Geschmack und er ist jetzt auch überzeugter Gudbrandsdalesser!

Eine neue Ess-Kombination des Käses entdecken wir nun auf unserer Reise. Die Norweger:innen lieben es, den Käse mit Waffeln zu essen. Auf einigen Fähren beispielsweise werden Waffeln mit Gudbrandsdalen belegt und verkauft. Da die Waffeln nicht frisch sind und das mit dem Käse ein bisschen schräg, probieren wir es lieber nicht. Allerdings fangen wir an den Käse zu salzen, mit Marmelade oder Erdnussbutter zu kombinieren.

Dann haben wir mal wieder Glück. Wir halten gerade an einem Campingplatz an, um zu schauen wie weit wir noch fahren und wo wir übernachten könnten. Da fängt uns die Campingplatzbetreiberin Maren förmlich ein. Sie hätte heute schon zwei Mal Elche beim Grasen von ihrem Bürofenster aus gesehen und sowieso sind die Elche jeden Tag gegenüber zu sehen und heute Abend in der Dämmerung, da wären sie auch da. Dann „beschwert“ sie sich bei uns, dass wir das schlechte Wetter mitbringen. Denn plötzlich prasselt der Regen auf uns nieder. Die Entscheidung, dass wir bleiben wird in nullkommanix getroffen nachdem sie noch die weichen warmen Betten in der „neuen“ noch nie benutzen Hütte anpreist. Wir nehmen uns diese Hütte für die Nacht. Unser Zelt hängen wir zum Trocknen in der kleinen Hütte kreuz und quer auf. Der Campingplatz ist einer der schönsten ever. Durch und durch liebevoll gestaltet, stylisch, viel Platz und ne Menge an Dingen, die  Camper:innen schätzen. Die Zeltwiese ist phantastisch, nur Elche, die lassen sich nicht sehen.

August, der 16. Der Taschenverlust

Christian kommt nach einem  Einkauf aus dem Supermarkt und bekommt einen Schock. An seinem Fahrrad, das an die Wand gelehnt ist, fehlt die rechte vordere Fahrradtasche. Die Panik, die ihn ergreift, ist nicht zu übersehen.  Gedankenkino: „Scheiße, meine Tasche wurde geklaut“. Barbara reagiert schnell: sie erkennt sofort, dass Christian die Tasche auf dem letzten Campingplatz vergessen haben muss. Sie hatte zum Schluss die Hütte noch gesäubert und gesehen, dass Christians Tasche noch als einziges Teil auf dem Bett lag, ging aber davon aus, dass er sie noch holt, um sie ans Fahrrad zu  hängen. 

Sie strukturiert die Situation: sie erklärt ihm, dass die Tasche bestimmt noch in der Hütte sei, dass er zuerst mal dort anrufen soll. Danach könne man überlegen wie die Tasche wieder zu uns kommt: mit dem Taxi, Bus, per Anhalter,… zurück, denn wir sind bereits 20 km und 300 Höhenmeter gefahren und haben keine Lust auf zusätzliche km und Höhenmeter. Zusätzliche Kilometer machen wir gerne für Freunde und Freundinnen oder für leckeres Essen, aber für sowas Doofes, nö.

Also ruft Christian an.

Tata, die Tasche ist dort. Christian fragt wie man an ein Taxi komme. Der junge Campingplatzbetreiber überrascht uns aber. Er sagt, dass er die Tasche zu uns bringt und in einer Viertelstunde hier sei. Ohhh, wie uns das freut. Wir kaufen im Sportgeschäft noch ein paar warme Wollsocken und schon ist er da. Christian möchte sich mit etwas Geld bedanken. Der Campingplatzbetreiber nimmt nichts an und sagt, dass das Bringen selbstverständlich sei. Welch Glück für uns, dass sich dieses Problem so schnell und unkompliziert gelöst hat.

Die weitere Strecke auf dem Kystrigsveien ist wunderschön obwohl sich die Sonne heute nicht zeigt. 

In einen Supermarkt trinken wir einen Kaffee und kommen mit einem radfahrenden Paar aus Amerika (Nebraska) ins Gespräch. Sie radeln durch Norwegen und wollen dann durch weitere europäische Länder radeln. Die Frau entschuldigt sich: „We are smelling….“ Sie haben eine Woche nur wild übernachtet. Wir lachen drüber und denken, dass wir zukünftig schon irgendwie ne Dusche oder einen See finden, in den wir reingehen können. 

In der nächsten Nacht stehen wir wild, an einem Süßwassersee. Leider stellt sich alles als Sumpf heraus, so dass wir das Zelt auf einem Schotterparkplatz aufbauen. Den kleinen Bach können wir zum Waschen nutzen. Einen Shelter in der Nähe belagern wir zum Kochen im Regen und so wird der Abend trotz des Wetters klasse. Am nächsten Morgen entdecken wir eine Wildkamera am Baum, die hat dann Christians nächtlichen Pinkelgang aufgezeichnet. Aber was soll’s, wenn`s jemandem gefällt…

Die Natur steigert sich von Tag zu Tag. Schroffe Berge auf allen Seiten, hier ein See, da ein Fjord oder ist es ein See? Wir können es oft gar nicht mehr unterscheiden ob es sich gerade um das Meer oder einen See handelt. Wir fahren um die Kurve und schon wieder ist wunderbare Landschaft zu sehen. 

Die Landschaft ist so beeindruckend. Wir sind oft zutiefst emotional berührt und verspüren Dankbarkeit, dass wir das erleben können. Auf dem Fahrrad haben wir neben dem Podcast-, Hörbuch- und Musikhören auch viel Zeit zum Nachdenken. Beeindruckende Landschaften können wir bestimmt überall auf der Welt finden. Aber die Einsamkeit und Landschaft Norwegens, das langsame Reisen mit dem Fahrrad und auch die täglichen Begegnungen sind schon eine tolle Kombination. Abwechslung haben wir auch durch mehrere Fährfahrten (Fähren sind für Fußgänger:innen und Radelnde kostenlos!) pro Tag, besondere Brücken und Tunnel. Wir treffen auf immer mehr Radreisende und kommen schnell ins Gespräch. Aber auch interessierte Andersreisende sprechen uns häufig an.

Wir kommen in die Gegend rund um Brønnøysund. Barbara liest gerade einen Krimi, der genau hier spielt. Es fühlt sich ein bisschen so an als würde sie sich hier auskennen und doch nicht. Am liebsten würde sie sich die Gegend intensiv anschauen und die Orte besuchen, die im Buch vorkommen.

Es gibt so viele Ecken, die wir genauer anschauen möchten. Aber die Zeit sitzt uns im Nacken. Wir wollen auf jeden Fall das Nordkapp erreichen und so wollen wir weiterziehen. Wir überlegen aber, dass wir irgendwann (also in einem Urlaub) zurückkommen und dann hier wandern, paddeln,… könnten???

Den Campingplatz Mosheim müssen wir hier noch erwähnen. Völlig ahnungslos steuern wir ihn an und schon die Einfahrt lässt uns schmunzeln: globige, aber äußert gründlich bemalte Trollfiguren aus Holz und anderer „Dekokram“ begrüßen uns.

Eine etwas reservierte Campingplatzbetreiberin, wir schätzen sie auf 80, hat ihr Leben lang Dinge gesammelt und stellt sie liebevoll in einem sogenannten „Museum“ und eigentlich auf dem ganzen Campingplatz aus. Wir können die „Ausstellungen“ gar nicht treffend beschreiben und so haben wir einige Fotos gemacht…. seht selbst.

Ebenso liebevoll und niedlich ist die kleine Küche für Zelter:innen eingerichtet.

Wir treffen dort Bas aus Holland, der mit einem Beetle unterwegs ist und Jette und Elin, Norweger:innen, die mit einem Lotus super 7 unterwegs sind. Die beiden haben tatsächlich weniger Gepäck als wir. In den Lotus passt halt nix rein. Bas hat auf der Fähre den Beetle voller Bier gepackt und bietet es an. Küchenparties sind also wohl international und es wird ein schöner Abend mit viel Lachen und Reisetipps von Norweger:innen für Norwegen. 

Übrigens, wir sind den 17. Tag in Norwegen und es ist der erste Tag, an dem es nicht geregnet hat!

Vielleicht gefällt dir auch das:

2 Kommentare

  1. 👍Supertolle Aufnahmen und Landschaften….der Käse ist allerdings eher berüchtigt…habe ihn auf 2 Reisen probiert, konnte aber keinen Gefallen dran finden…viel zu süß!
    Aber in DER Landschaft ist ja vieles möglich👍🍀

Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert