Auf dem Weg zur Westküste
Great Taste Trail
Nach dem Kajaken und Wandern im Abel Tasman Nationalpark sind wir zurück auf den Rädern und fahren von Nelson aus ein Stück auf dem Great Taste Trail. Der Trail startet sehr angenehm, fernab der Straße führt er durch Obst- und Weinanbaugebiete und ist klasse ausgebaut. Nach wenigen Kilometern gibt es schon das erste „real fruit ice-cream“ mit Himbeeren aus den Beerenplantagen von nebenan und 30 km weiter ein tolles Café. Wir fahren durch einen 1,4 km langen Tunnel. Es handelt sich um einen ehemaligen Eisenbahntunnel. Die Strecke wurde aber bereits 1955 stillgelegt. Jetzt steht der Spoonertunnel nur noch Fußgänger:innen und Radler:innen zur Verfügung. Im Gegensatz zu allen norwegischen Tunnels ist er also autofrei und unbeleuchtet. Wir sind gerade die einzigen Benutzer und das Durchfahren ist mystisch.






Jetzt wirklich Steps von der West Coast
Wir radeln weiter an die Westküste. Die Westcoast gilt in Neuseeland als einsam, (30.000 Coaster leben hier in der Gegend. Damit ist es hier noch einsamer als im Nordland von Norwegen). Die Coaster – wie sie von den anderen Kiwis genannt werden – gelten als rau aber sehr großherzig.
Wir kommen zu den Pancake Rocks. Das sind sehr bizarre Kalksteinformationen. Bei Flut schießt das Meerwasser durch Löcher (Blowholes) im Gestein bis über die Oberfläche heraus. Das ist ein beeindruckendes Naturschauspiel. Natürlich sind die Pancake Rocks ein touristischer Anziehungspunkt. Es ist viel los obwohl das Wetter bescheiden ist. Nachdem wir uns das Spektakel intensiv angeschaut haben essen wir natürlich Pancakes im Pancake Café nebenan. Dort lungern wir noch fast zwei Stunden herum, weil es ziemlich schüttet.


Am späten Nachmittag hört der Regen auf und wir fahren auf der Küstenstraße weiter nach Süden zum Beginn unseres nächsten „Projektes“, dem Westcoast Wildernes Trail.


In Greymouth starten wir den 139 km langen Westcoast Wilderness Trail. Ein kurzes Stück fahren wir an der Küste, dann zweigt der Weg ins Landesinnere ab. Der Trail ist landschaftlich nicht so spektakulär aber gut geschottert und flowig zu fahren, das Wetter passt und es macht Spaß. Auf dem ganzen Trail gibt es nur eine Unterkunftsmöglichkeit und ein gerade heute geschlossenes Café. Die Kombi aus Hunger, Wetteraussichten und keine Alternative haben bringt uns dazu, im „Cowboys Paradise“ zu übernachten. „Dinner and Breakfast is included, take it or not“. Wir denken ein bisschen an die Timberlodge zurück und erwarten Ähnliches. Am späten Nachmittag erreichen wir eine Ansammlung aus einfachen Holzhütten, einem Saloon, mehreren Schrottgeländewagen und Schiessstände. Wir wissen nicht ob wir richtig sind. Also klopft Christian vorsichtig an die Saloon-Tür. Draußen parken drei Pickups, von drinnen schallt Countrymusik. Da geht die 2-flügelige Tür auf: ein Mann – 1,90 m groß, Cowboy-Hut, schwarz gekleidet, riesiger Gürtel – steht vor Christian. Ein kräftiges, klares „Christian?“ schallt Christian entgegen. Wenig Zähne und sonnengegerbte Haut sind zu erkennen. Instinktiv will Christian einen Revolver ziehen, dann fällt ihm ein, dass er gar keinen hat. Also antwortet er vorsichtshalber: „yes, Sir“. Ernst antwortet der schwarz gekleidete Hühne, der Christian an Charles Bronson erinnert: „Mike“. Er zeigt uns unser reserviertes Zimmer. Dann sagt er: „Melina, a german girl is working here and she helps me making the rooms. Talk to her, she is a little bit homesick. Maybe it’s good for her to talk a little bit german“. Christian denkt sich: „Black Mike hat Pflegeinstinkte?“ So sprechen wir mit Milena, einer Münchnerin, die nach dem Abi work and travel in New Zealand macht. Und sie warnt uns vor dem, was uns im Saloon erwartet. Mike verabschiedet sich mit: „Dinner at 6:30 pm, for coffee and beer help yourself in the Saloon.“ Der Kaffeedurst treibt uns noch vor dem Duschen in den Saloon. Es ist kaum zu beschreiben. Es handelt sich um eine riesige Hütte mit gigantischem Fernseher, riesigen Boxen, einer Bar und in der Mitte einem Podest mit zwei Stangen, dazu Plakate mit Trump, posierend mit Waffen. Außerdem liegt ziemlich viel Kram herum. Kontrast bildet beispielsweise ein Schild mit: „no wifi, imagine it’s 1995 and talk to each other“ (wohl vor kurzer Zeit angebracht von einem work and traveller, der hier auch mal für kurze Zeit gearbeitet hat). Der Kaffee ist aus einem riesigen Boiler for free. Christian unterdrückt den Impuls, zwei Whiskey zu bestellen und fragt nach den Tänzer:innen. Als Antwort bekommt er ein Bier in die Hand gedrückt und ein: „she is not ready yet“. Wir genießen den Kaffee, duschen und finden uns rechtzeitig zum Essen ein. Wer traut sich da schon zu spät zu kommen? Wir sind die einzigen Gäste, aber was soll man sagen. Mike fährt „Geröstetes“ auf, dass es in sich hat: 6 frische Gemüsesorten, natürlich Westernkartoffeln und roasted lamb and chicken, wirklich klasse. Auch kümmert sich der Hühne und Trump-Fan rührend um uns. Ihm scheint wirklich daran zu liegen, dass es uns und Milena gut geht. So verbringen wir einen Abend im Westernsaloon mit viel Bier, Countrymusic, aber ohne Pole-Tänzer:innen. Am Abend (niemand außer Christian ist gerade im Raum) erbarmt sich Barbara und geht an die Stange, aber rein sportlich natürlich. Nach einem Continental Breakfast schwingen wir uns aufs Rad. Heute haben wir kaum Höhenmeter. Cowboy Mike sorgt sich um uns und verkündet bad news: heavy rain. Wir wollen aber weiter und so lehnen wir das Angebot, einen Tag länger zu bleiben ab. Ganz schön skurril war das Alles hier. So ganz blicken wir nicht durch? Von den rassistischen Statements sind wir ganz schön entsetzt!
















Der 2. Teil des Trails ist ähnlich gut zu fahren, macht Spaß aber ist ebenso nicht spektakulär. Anfangs ist es nur bewölkt aber dann rollen wir im starken Regen nach Hokitika. Christian braucht Fish and Chips und wir drücken uns, den Regen aussitzend, in einem Café rum. Der Trail geht noch 30 km weiter und schließlich fahren wir doch im Regen weiter. Auf ner Gravelpiste geht’s Richtung Ross ins old empire hotel. Was für ein Name. Aussehend wie Sau kommen wir an. Und wieder erfahren wir „coaster Charme“. Ohne zu reden werden wir nass und dreckig ans Feuer bugsiert. Wir befinden uns in einem „Irish Pub“ und fühlen uns wie damals in Irland (Barbara war 1991 da und Christian 2004). Wir erklären, dass wir doch so verdreckt hier nicht reinkommen können. Doch der Chef besteht darauf, dass wir uns erstmal aufwärmen und ein dunkles Bier vom Fass (so eine Art Guinness) trinken sollen. Danach könnten wir uns draußen mit dem. Schlauch abspritzen. Wir lieben das Hotel und den Nostalgie-Charme. Abends im Pub gibt es noch Livemusik und Trinkspiele mit den Einheimischen. Wir lieben die Westküste und die Coaster.


















Und weiter geht’s nach Franz Josef, einem kleinen Städtchen am Fuße des gleichnamigen Gletschers. Hier ist der Ausgangspunkt für viele Outdoor-Aktivitäten am Gletscher. In Franz Josef soll es 5000 mm Regen im Jahr geben. Wir sind da und es wird ein großer Beitrag dazu geleistet, dass diese Niederschlagsmenge in diesem Jahr zu Stande kommt. Wir warten einen halben Tag auf regenfreies Wetter und nutzen die Gelegenheit, zwei Kiwis zu besuchen. Nein, nicht Personen sondern die Vögel. Der Kiwi ist das Nationalsymbol Neuseelands. Von ihm leitet sich die Eigenbezeichnung der Bewohner Neuseelands als „Kiwis“ ab. Also, die Kiwi-Vögel, die wir besuchen, leben im Wildlife-Center vor Ort. Es handelt sich dabei um eine Halle mit Infos zu den Kiwis und einem abgegrenzten großen dunklen Raum. Dort ist ein Wald „eingerichtet“, in dem die beiden Kiwis (Männlein und Weiblein) in abgetrennten Bereichen leben. Wir Besucher:innen können die Kiwis, abgesperrt durch einen Gang, beim Scharren auf dem Boden und Hin- und Herflitzen beobachten sobald sich unsere Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben.
Noch ein paar Fakten zu den Kiwis, die wir im Laufe unseres Aufenthaltes in Neuseeland und jetzt im Wildlife-Center gesammelt haben. Kiwis sind sind flugunfähige, nachtaktive Vögel in den Wäldern Neuseelands. Die von den europäischen Siedlern mitgebrachten Hunde, Katzen, Füchse und Marder jagen Kiwis und haben dafür gesorgt, dass sie in vielen Teilen Neuseelands vollends ausgerottet wurden. Alle fünf Kiwi-Arten werden als gefährdet geführt. Da die Kiwis als Nationalvögel Neuseelands einen hohen Bekanntheitsgrad haben, gibt es in jüngerer Zeit verstärkte Bemühungen zu ihrem Schutz.







Mittags hört der Regen auf. Wir fahren weiter zum Fox-Gletscher und können nur erahnen, dass hinter den Wolken schneebedeckte Berggipfel sind.
Der Lake Matheson ist eins der Highlights von Neuseeland, diesen Tourispot wollen wir mitnehmen. Ohne Gepäck cruzen wir vom Fox Glacier aus dorthin. Wir sehen die Vegetation gespiegelt im See aber da auch hier die Sicht auf die schneebedeckten Berge, inklusive Mount Cook fehlt, können sie natürlich nicht im See gespiegelt werden. Und schon sieht der See recht belanglos aus und könnte genauso ein Weiher in Mittelfranken sein. Einzig der Pfad durch den Wald erinnert an die neuseeländische Vegetation. Nice. NZ macht einfach gute Pressearbeit.






Das Wetter wird wieder besser und das kommt uns gelegen. Denn wir „müssen“ weiter Kilometer machen, um rechtzeitig zu unserem nächsten schon im Juli gebuchten Great Walk, dem Routeburn Track, zu gelangen. So lassen wir die Gletscher links liegen. Bleibt noch zu erwähnen, dass sie leider auch hier wegen des Klimawandels auf dem Rückzug sind.
Ich musste sehr schmunzeln über euren Bericht und war erleichtert, dass Barbara nicht im Salon an der Stange geblieben ist.
Sehr schön geschrieben.
Wäre ich noch jünger, dann wäre das Sporteln an der Stange ne reizende Herausforderung. Habe Respekt vor den Leuten, die an der Stange tanzen und sporteln.