Wir besuchen Wendy und Alec, ein einheimisches Radlerehepaar, das wir auf der Nordinsel trafen. Sie radelten gerade von Wellington nach Auckland und besuchten dort ihre Tochter. Sie haben uns nach Nelson eingeladen, da das in der Nähe des Abel Tasman Nationalparks liegt. Er ist bekannt für seine goldenen Strände, geformten Granitfelsen und einem einmaligen Küstenwanderweg. Wir werden dort in den nächsten Tagen paddelnd und wandernd auf dem Great Walk unterwegs sein.
Auf dem Weg nach Nelson kommen wir durch ein Dorf mit aufwendig gestalteten Briefkästen. Das sieht voll nach einem Wettbewerb aus.



Von der Lage des Hauses von Wendy und Alec sind wir total beeindruckt. Es steht am Hang und man kann durch die großen Fensterfronten nach drei Seiten auf das Meer schauen. Voll krass, das hatten sie uns gar nicht verraten. Wir bekommen einen eigenen Trackt, auch nicht so schlecht nach all diesen Gemeinschaftsbädern oder Plumsklos. Abends werden wir kulinarisch bestens versorgt. Am Tag darauf radelt Alec mit uns in die Stadt. Wir schauen uns die Kathedrale an. Dort gibt es eine Weihnachtsbaumausstellung von karitativen Organisationen.








Wir Beiden gehen groß einkaufen für unsere fünftägige Kajak- und Wandertour im Nationalpark und für das Abendessen. Als kleines Dankeschön für die Einladung nach Nelson kochen wir zum Dinner ein „german meal“: Semmelknödel mit Rouladen und Rotkohl. Zum Nachtisch gibt’s Lebkuchen aus Nürnberg und Stollen der Firma Schlünder aus Arnsberg. Beides haben wir hier im Supermarkt gefunden. Wendy und Alec sind begeistert von dem Mahl und unserem Mitbringsel, den Vanillekipferl.

Am nächsten Morgen bringt Wendy uns zum Abel Tasman Center. Wir trinken vor Ort noch gemeinsam einen Kaffee und schon startet das Security Briefing. Wendy begleitet uns und ist ganz besorgt. Sie bleibt dabei, wiederholt Anweisungen in ihrem perfekten Englisch, wenn sie glaubt, dass wir den Slang des coolen jungen Kiwis Julius nicht verstehen. Obwohl die Kiwis sonst so locker sind, erzählt uns Julius im Detail den Wetterbericht, alles über die Strömungen, Riffe und Gezeiten, … Wir packen das Kajak auf den Trailer, der mit einem alten wunderschönen blau weißen Ford Traktor zum Strand gebracht wird. Dann geht es auch schon los. Heute paddeln wir vier Stunden. Rechtzeitig zu unserem Abel Tasman Adventure haben wir Sommerwetter, juhuu!






Wir werden zwei Tage im Kajak und drei Tage wandernd unterwegs sein. Es gibt keinen Zufahrtsweg auf Straßen. Die Zeltplätze mussten wir schon im Juli buchen. Uns erwarten einsame Buchten, die teilweise nur vom Meer aus zugänglich sind, teilweise aber über Wanderpfade und vom Meer aus. Auf den Zeltplätzen gibt es fließend Wasser, das gefiltert oder gekocht werden muss, Toiletten und manchmal einen Unterstand zum Kochen.
Zuerst steuern wir eine einsame Bucht auf einer Insel an. Wir sind alleine am Strand. Als wir picknicken wollen stellen wir fest, dass wir unseren Käse, den Parmesan, die Butter und die Salami bei Wendy im Kühlschrank vergessen haben. Barbara teilt das vorhandene Essen auf die fünf Tage auf. Das wird trocken und hart! Aber Christian meckert gar nicht über zu wenig Essen, so begeistert ist er vom Kajakfahren und der Landschaft. Nach dem kläglichen Mahl (2 trockene Scheiben Brot, ne handvoll Nüsse und Wasser) sonnen wir uns nackt am Strand. Die Klamotten liegen auf den Kajaks und gerade als wir ein Nickerchen machen, kommt eine Schulklasse vorbei. Das ist etwas peinlich aber was soll’s.
Wir springen schnell in die Sachen und stellen fest: wir haben Netz. Wir rufen beim Wassertaxi an und fragen ob wir Hilfe bekommen können. Sie wollen ein Paket, Waka-sicher (das heißt, dick verpackt in einem Karton, damit die Wakas, das sind streng geschützte NZ-Hühner, die Touristen ausrauben, erfolglos bleiben) an unserem Ziel-Strand für uns per Wassertaxi deponieren. Durch die Aussicht auf gutes Essen motiviert, paddeln wir weiter mit dem Kajak durch die „Mad Mile“, einer „all times rough conditions“ area. Das Kajak stampft durch die Wellen, der Wind ist stark und wir werden ordentlich nass. Ein paar mal scheint das Kajak zu kentern, aber es hält erstaunliche Schräglagen stabil aus und die Wellen brechen einfach über das Boot, machen aber nix. Nach einer Stunde ist der Spuk vorbei, Barbara ist es übel geworden und wir fahren mit Rückenwind in die erste traumhafte Campingbucht. Ein grandioser Strand erwartet uns und siehe da, auf dem Schild des Zeltplatzes steht unser Paket.


Barbara ist fertig, muss dringend aus der Sonne, erstmal pausieren. Da Christian das Boot nicht alleine auf‘s Kajakrack bekommt und Barbara so grün aussieht bieten drei durchtrainierte argentinische sexy Strandschönheitenn an, zu helfen. Sonnengebräunte, geölte junge Männer tragen uns das Kajak hoch, sicher vor der Flut, auf das Rack.
Unser Platz für heute Nacht heißt Anchorage Beach und ist einfach nur traumhaft. Wir stehen direkt am Pacific und das einzige neben uns ist eine Schulklasse. Ja richtig, die begrüßen uns mit „hello again“.

Nachdem Barbara etwas regeneriert ist, öffnen wir unser schönes Paket wie Kinder ihre Weihnachtsgeschenke. Leckerster Käse, Schinken und ein riesiges Stück Butter: der maxi 500g Block aus dem Supermarkt. Gut, dass wir ansonsten sehr gewichtsoptomiert unterwegs sind!
Neben den argentinischen Strandschönheiten, die jeden Abend und morgen aufwendig kochen, treffen wir immer wieder Tim und Lukas aus Deutschland. Lukas quatscht ohne Ende, Tim nicht. Die Beiden 19-jährigen sparen auf ihrem ersten Trip fern von zuhause auch nicht mit Ratschlägen und Tipps für uns. Sie haben zum Beispiel auf der Wandertour 11 Liter Wasser, 10 Bananen und fertig gegarten Reis dabei. Dieser ist schön schwer, aber sie sparen ja Gas beim Kochen 🙃. Sie sind sympathisch und Tim, der Schweigende erweist sich als äußerst humorvoll und macht sich über sich selbst lustig.
Abends versucht Christian den Großteil der Butter loszuwerden. Die Schulklasse will nix von „den Nackten“ und auch Tim und Lukas wissen nicht, was sie damit machen sollen. Also nehmen wir den Block bei 24 Grad erstmal weiter mit.

Am nächsten Morgen fahren wir mit dem Kajak weiter zur Bark Bay. Es ist kaum vorstellbar, sie ist noch schöner als die erste Übernachtungsbucht. Es ist fast surreal, so unfassbar schön ist die Umgebung. Wir waren beide noch nicht in der Karibik aber so stellen wir sie uns vor. Und es geht noch ein paar Tage tatsächlich so weiter: und alles jenseits von Autos, Bussen und anderer Zivilisation, denken wir.
Wie bereits auf unserer Nordkapptour kommt immer wieder ein großes Gefühl von Dankbarkeit in uns darüber auf, dass wir diesen Teil der Welt sehen und uns darin bewegen dürfen.
Die hühnerartigen Vögel Wakas (flugunfähig) fangen an, immer frecher zu werden. Sie können Reißverschlüsse von Rucksäcken öffnen und klauen alles an Lebensmitteln, was nicht niet- und nagelfest ist. Die Lehrer:innen der Schulklasse geben die Anweisung, die Lebensmittel in den Baum zu hängen. Aber die Schüler:innen reagieren wie bei uns zuhause!!!! Christian hat Mitleid mit den Schüler:innen und verfolgt einen Waka so lange bis er die Packung Asia Nudeln zurück hat. Die Kids freuen sich und werden am Abend satt.


Am Lagerfeuer erläutert die Rangerin die Bedeutung der Wakas für das Ökosystem und die Einmaligkeit dieser Vögel auf der Welt. Die Frage von Christian nach der Jagd und Essbarkeit der „nasty“ Wakas kommt nicht gut an und fortan spricht er von den „chicky“ Wakas (die Rangerin beeindruckt ihn wohl!).
Weil uns das Kajaken sooo Spaß macht, verlängern wir um einen Tag. Auf unserem Weg zur „Paddelgrenze“ im Nationalpark umrunden wir eine einsame Insel und können Robben beim Plantschen und Sonnen beobachten. Dann erreichen wir die Stelle, an der wir nur noch zu Fuß weiter dürfen. Unser Kajak wird vom Wassertaxi abgeholt.








Abends auf den Zeltplätzen treffen wir immer wieder die „alten“ Bekannten. Am vorletzten Tag stoßen wir dann wie aus dem Nichts auf eine Bar, mitten im Wald. Es gibt Pizza. Ein paar hundert Meter weiter liegt eine exklusive Lodge mit Landeplatz für Privatflugzeuge. Wir erfahren, dass die Lodge Bestandsschutz hat. Sie war schon da bevor das Gebiet Nationalpark wurde.
Es ist immer noch Vorsaison und wenig los, außer dass ein paar Schulklassen unterwegs sind. Das finden wir ziemlich interessant und wir versuchen, mit den Lehrer:innen zu kontakten. Es ist Ende des Schuljahres und Zeit für Klassenfahrten. Sie finden allerdings als Outdooraktivität auf sehr ursprüngliche Art und Weise statt. Wir haben Respekt vor den Lehrer:innen, die einerseits die Kids bei langen Wanderungen, etc. bei Laune halten müssen und die selbst für ein paar Tage auf sämtlichen Komfort verzichten.
Am letzten Tag unseres Abel Tasman Walk müssen wir durch „diese Lagune“ laufen. Damit man sicher rüberkommt, muss man die Gezeiten berücksichtigen. Paul, der Zeltplatzhüter erklärt: Jeder, der zu früh startet und in der Mitte gerettet werden muss oder umkehrt, muss einen Stein auf den Haufen legen. Also haltet euch an die Gezeiten, ihr könnt 1.5 Stunden vor Niedrigwasser los, nicht früher, sonst landet ihr auf dem Steinhaufen!
Das Problem: unser Wassertaxi geht um 15:15 Uhr. Allerfrühester Zeitpunkt zur Querung wäre 13:00 Uhr. Die Wanderzeit bis zum gebuchten Wassertaxi beträgt 2 Stunden, 30 Minuten. Wir müssen den Turbo einlegen.
Barbara hat gut geplant, allerdings vergessen zu berücksichtigen, dass sie etwas kleiner ist als der Durchschnitt. So wird ihre Hose bei der Querung nass. Christian bleibt trocken.




Wir erreichen unser Wassertaxi 20 Minuten vor der Abfahrtszeit. Der Skipper macht Stress, er möchte, dass wir an Bord kommen. So gibt es kein abschließendes swimming mehr am schönen Strand von Totaranui.
Der Rückweg hat es in sich. Wir waren noch nie bei solchem Seegang unterwegs. Wir müssen aufstehen, um die Stöße auszugleichen und alle Passagieren sind froh als wir wieder ankommen. Zum Glück sind wir Beiden nicht seekrank geworden. Das Boot fährt am Strand direkt und mit hoher Geschwindigkeit auf einen Traktor mit Hänger zu. Von selbst dockt das Boot am Hänger an und in der nächsten Sekunde werden wir im Boot sitzend vom Traktor weitertransportiert. Das ist cracy! Gibt es diese Technik noch an einem anderen Fleck auf dieser Erde?

Fazit der Abel Tasman Tour: Entschleunigung pur!
Alex und Wendy holen uns am Strand ab. Auf dem Weg zurück nach Nelson halten wir bei einem Verkaufsstand für Real Fruit Icecream: frisches Vanilleeis oder Frozen Yoghurt mit gefrorenen Beeren frisch und live gemixt. Selbst Barbara, die sonst gar nicht auf Eis steht, liebt es. Sie wählt heute die Mischung mit schwarzen Johannisbeeren: köstlich😍. Abends kochen unsere liebevollen Gastgeber für uns und servieren Gingerbread zum Nachtisch. Anschließend planen wir den ganzen Abend unsere weitere Reise und profitieren unglaublich von der Radfahrerfahrung der Beiden.
Den nächsten Tag verbringen wir mit Wendy in Nelson. Wir kaufen ein Bild in einer Galerie, das Wendy nach Deutschland schicken wird. Danach wandern wir zum Center of New Zealand. Am Nachmittag zeigt Wendy uns noch eine Besonderheit – die Boulderbank (13 km lange natürliche Schotterbank in der Bucht von Nelson).






Am nächsten Morgen muss Wendy in die Schule. Sie ist zwar pensioniert, arbeitet aber weiter ehrenamtlich in einer Schule für Kinder im Grundschulalter im sozialen Brennpunkt. Der Abschied fällt uns schwer aber wir wollen auch wieder auf‘s Radl und weiter nach Süden fahren.
Alec überredet uns, in sein Auto zu steigen. Es ist extrem windig und er möchte uns unbedingt noch 30 km weiter bringen. Wir nehmen das Angebot an und nach einem letzten gemeinsamen Kaffee lässt er uns losradeln.

Die Beiden sind wirklich überwältigend gastfreundlich. Wir hoffen wirklich, dass Wendy und Alec uns besuchen, wenn sie im nächsten Jahr auf Europa-Tour sind und wir etwas zurückgeben können.
In einem Haus am Meer zu wohnen ist ein Traum. Euch noch eine traumhafte Zeit.