Barbara ist aus Marokko zurück und Christian muss nach Bamberg in die Klinik zur Kontrolle. Es sieht gut aus. Das Knochentransplantat wächst gut an, Fahrradfahren und leichtes Joggen sind ab sofort erlaubt. Die Krankengymnastik muss weiter intensiviert werden. Barbara ist natürlich mit nach Franken gekommen. Sie hat Langeweile und beschließt spontan, mit dem Rennrad von Bamberg aus nach Bochum zurück zu radeln. Christian steuert den Bulli sicher nach Hause und empfängt Barbara nach drei Radeltagen quer durch Mitteldeutschland mit einem vorzüglichen Abendessen at home.





Mit Astrid und Annika, den Physiotherapeutinnen aus Hattingen, arbeitet Christian mit Hochdruck daran, wieder reisefit zu werden. Fünti, die Dame aus dem Rehabüro, schafft es immer wieder, einen Termin zu finden und ruft auch für spontane Dates an.
So erkunden wir das Neanderthal Museum in Mettmann und lauschen den Klängen einer Australischen Band in der Arena auf Schalke.


Dann testen wir das Radfahren. Zwei Kilometer gehen, aber die Stöße sind kaum auszuhalten. Am Abend schmerzt Christians Arm. Auch das Ziehen am Lenker bei Steigungen, usw. geht nicht.
Bei einem Besuch bei Christians Schwester Claudia im Emsland kommt die Idee auf, ein E-bike mit weichen Reifen und Federgabel auszuprobieren. Zufällig hat Claudia eins. Wir besuchen damit Christians Tante Hilde. Christian fährt die 50 km an dem Tag locker und bleibt fast schmerzfrei.

Das ist es: ein E-bike mit fetten Reifen und Luftfederung könnte die Lösung sein. Aber so ein Ding ist teuer und Christian ist bei Fahrrädern extrem wählerisch. Dann hat Rockers, unser Bikeshop in Bochum, die Lösung. Ausnahmsweise verkaufen sie einen Leasingrückläufer an Christian. Damit können wir das „Balkanprojekt“ starten.
So kauft Christian ein vier Jahre altes Trek Powerfly, sein Traum E-bike.
Schnell ist der alte Brooks-Sattel vom Sequioa, Christians Gravelbike, montiert und wir machen die ersten Probefahrten: 80 km und mehr gehen! Probeliegen mit Schräubchen muss natürlich auch sein!


Wir haben einen Plan!
Weil es auf die Schnelle unmöglich ist, Fahrradstellplätze im Fernzug nach Italien zu bekommen (für Monate ausgebucht), beschließen wir das Ganze mit Regionalzügen anzugehen. Es wird ein paar Tage dauern aber es wird schon klappen. Wir starten bei Bamberg und planen am 1. Tag mit dem Zug bis Kufstein zu tingeln. Es sind drei Umstiege und tatsächlich kommen wir nach fünf Stunden pünktlich in der Perle Tirols an. Einen Campingplatz buchen wir erst kurz vor der Ankunft.


Für die Weiterfahrt am nächsten Tag fehlt uns die Verbindung und ein Ticket. Wir finden online heraus, dass es theoretisch klappen könnte, in einem weiteren Tag bis Ancona zu kommen. Und so sind wir am nächsten Tag mit Sack und Pack und einem nassen Zelt um 7.30 Uhr am Bahnhof. Der Schalter ist auf und die freundliche Fahrkartenverkäuferin wundert sich über unser ambitioniertes Ziel. Aber nach einigen Klicks stellt sie erstaunt fest, dass es möglich ist, in elf Stunden und mit vier Umstiegen inklusive der Bikes bis Ancona zu kommen. Sie kann uns nur ein Ticket bis ins Trentino ausstellen und empfiehlt uns, die Anschlussfahrkarte im Zug zu lösen. Eine Viertelstunde später sitzen wir im Zug und unsere Fahrräder finden auch Platz. Es läuft weiter so und wir können es gar nicht glauben, bis folgendes passiert:
Bei unserem letzten von sieben Umstiegen (auf 1,5 Tage verteilt) in Bologna ist es dann soweit: Umstiegsstress, weil wir uns ans falsche Gleis stellen. Am Gleis trinken wir gemütlich den ersten italienischen Cappucino und können es kaum fassen wie locker die Fahrt bis hierher war. Zu früh gefreut. Fünf Minuten vor Abfahrt kommt Barbara das Ganze hier komisch vor. Wir stehen auf Gleis sechs. Von hier soll unser Zug nach Ancona abfahren. Es kommt ein Zug aber auf dem Gleisbildschirm wird ein anderer Zug angezeigt. Barbara sieht, dass neben der Ziffer noch „oeste“ steht und ahnt, dass es noch ein anderes Gleis sechs gibt. Hektik kommt auf. Wir fragen einen Bahnangestellten, er zeigt wohin wir gehen müssen. Treppe rauf, Treppe runter, jetzt kommt es auf Sekunden an. Wir sind oben, der Zug ist noch da. Wir nehmen die 1. Tür. Mist, der Eingangsbereich ist vollgestellt: da passen wir nicht rein. Genauso bei der nächsten und übernächsten Tür, die Zugbegleiterin ganz vorne pfeift zur Abfahrt. Barbara bleibt in einer Tür stehen, Christian läuft zur nächsten. Der Zug ist vollgestopft. Christian kommt zurück und wir quetschen uns irgendwie in den Eingang. Jetzt kommt niemand mehr durch. Ein Reisender beschwert sich, alle Anderen sind mega entspannt. Wir sind angespannt: wirft uns die Zugbegleiterin gleich raus? Zwei Halte später ist sie bei uns. Sie ist voll locker aber „der Fahrgast“ beschwert sich bei ihr. Sie überlegt ob wir an den Anfang des Zuges wechseln, dort ist offiziell Platz für drei Fahrräder. Okay, los geht’s. Wir rennen zum vorgeschlagenen Abteil. ABER: dort ist es nicht weniger voll: zwei Räder, zwei Falträder, ein E-Scooter, Koffer: wir quetschen uns rein. Jetzt stehen wir wenigstens im richtigen Abteil und irgendwie können sich die Leute vorbeiquetschen. Unsere Anspannung legt sich. Wir trudeln an der Küste entlang und kommen, hört, hört zwei Minuten früher in Ancona an als vorgesehen.



Am nächsten Tag fahren wir gegen Mittag auf die Fähre nach Patras in Griechenland ⛴️ 🇬🇷. Nach 24 Stunden, Sonnenschein und Sternenhimmel, Schlafplätzen im Liegesessel und Gepäckregal kommen wir auf dem Peloponnes an!
Das Radln startet.




Schön, wieder von euch zu lesen! Gute Reise!!!
Barbara
Gute Reise und weniger Aufregung.!
schonz, dass ihr wieder unterwegs seid! und schön von den Freuden und Leiden des Bahn-Fahrrad-Reisens zu lesen 🙈 ganz viel Spaß euch noch und unfallfreie Fahrt.