Wir fahren von der Fähre herunter, durch Patras durch und steuern einen Campingplatz 30 km entfernt an. Wir wollen uns erstmal ein bisschen akklimatisieren. Dann wollen wir an der Küste entlang nach Norden fahren. Wenn es nicht zu heiß wird und Christians Schulter mitspielt, dann fahren wir orientiert am Eurovelo 8 Radweg entlang, nordwärts.
Der Campingplatz in der Nähe von Patras ist super. Die Zelte stehen auf Terrassen direkt am Meer und ein klasse Restaurant mit Strandbad gehört auch noch dazu. Wir bleiben zwei Nächte und überlegen kurz ob wir in 250 km Entfernung die Kooperative besuchen, von der wir unser Olivenöl beziehen. Aber, den Gedanken verwerfen wir schnell wieder als wir sehen wie viel Höhenmeter dazwischen liegen und die Wettervorhersage anschauen.



Wir fahren dann weiter nach Mesolongi, eine wichtige Stadt im griechischen Unabhängigkeitskrieg. Kurz vorher nehmen wir für den Übergang vom Peloponnes auf das Festland eine Fähre. Es gibt hier auch eine schöne Brücke, aber für Fahrradfahrerinnen ist sie nicht so komfortabel zu befahren. In Mesolongi nehmen wir ein Hotelzimmer im 80er Jahre Charme, mit Klimaanlage. Wir fallen am Nachmittag völlig platt ins Bett und rollen erst am Abend nochmal kurz für einen Snack in die City.
An Tag drei wird die Strecke ab dem Nachmittag sehr schön. Meist bleiben wir nah an der Küste, wir haben einige Anstiege und schöne Blicke. Die Kombination aus Bergen und Meer ist mal wieder bestens. Dazu kommt, dass auf der Küstenstraße wenig Verkehr ist, die Griech:innen entschleunigt unterwegs sind und beim Überholen gut Platz lassen. Wir haben das Glück, dass auch eine Autobahn nach Norden führt.








Die Streckenführung ist klasse, genau unser Ding. Nach Schweden, Norwegen und Neuseeland sind wir aber vom Müll am Straßenrand schockiert. Es ist wirklich schrecklich und in der Form hat Christian das noch nie gesehen. Es ist meistens kein Industriemüll, es sind Flaschen und Verpackungen, die wohl aus dem Auto geworfen werden.


Die Hitze mit Temperaturen bis 33 Grad macht uns zu schaffen. Wir starten früh, ohne Frühstück, machen mittags stundenlang Pause und springen zur Abkühlung immer wieder ins Meer. In unserer Reichweite sind drei Campings, doch keiner ist telefonisch erreichbar und die Bewertungen lassen auch zu wünschen übrig. Nach einem sehr heißen Tag biegen wir von der Landstraße aus zum 1. Campingplatz ab. Christian fährt vor und testet die Lage. Beach view, hört sich gut an, ist es aber nicht. Mit einem Daumen runter geht es weiter. Camping Alyzia, steht auf dem Schild, wir biegen wieder ab. Nach ca. 100m versperrt uns ein bellender, zähnefletschender Hund den Weg. Von rechts kommt noch ein weiterer großer Hund, zum Glück durch einen Zaun getrennt. Der mittlere Kleffer nervt aber auch schon ganz schön und der Stresslevel ist hoch. Wir kommen dran vorbei ohne gebissen zu werden. Wir brauchen dringend einen Stock!

Am Strand wartet ein völlig verwahrloster Camping auf uns, dort stehen ein paar alte Caravans aber sonst nix. Zurück zu den „lieblichen“ Hunden wollen wir nicht, also fahren wir am Strand weiter. Heiß, loser Sand, Hunger und keinen Schlafplatz. Trotzdem ist die Stimmung ganz gut und dann sehen wir in der Ferne das Schild: Camping Alyzia. Der Camping ist in die Jahre gekommen aber zum Teil gepflegt, Hauptsache ist, dass es Schatten gibt! Die Camping-Mutti – Kommunikation läuft mit Händen und Füßen und Google-Übersetzer-sagt, sie könne für uns Kochen und wir willigen ein. Vorm Essen springen wir nochmal ins Mittelmeer, an einem sehr schönen Strand. Abends gibt es dann griechischen Salat, was auch sonst, und Salat mit Steaks. Dazu süßen Wein. Wir erahnen jetzt warum so viele Menschen von Griechenland schwärmen.
Am 4. Tag ändern wir ein paar Mal unsere Route. Schließlich entscheiden wir uns, auf die Insel Lefkada (erreichbar über eine Brücke) zu fahren, dort einen Pausentag zu machen und von dann mit der Fähre nach Korfu zu fahren. Damit wollen wir die heißen Tage überbrücken.
Auch dieses nette Angebot in kleinen Märkten und Supermärkten macht die heißen Temperaturen kurzzeitig erträglicher.

Wir nehmen einen Campingplatz in der Nähe. Es gibt hier keine Campingplätze direkt am Strand aber es soll beeindruckende Strände geben. Die liegen aber wiederum weit entfernt und vor allem liegen viele Höhenmeter dazwischen. Also mieten wir einen Roller. Der Fahrtwind ist gerade noch angenehm und auch die Anstiege schafft unser Gefährt. Zum Glück schieben sich immer wieder ein paar Wolken vor die Sonne. Das Wasser tut gut und bringt tatsächlich noch Abkühlung.
Mit einer solchen Hitze haben wir in der ersten Junihälfte hier nicht gerechnet. Wir sehnen uns nach Norwegen zurück. Eine Woche in dieser Hitze zu radeln geht schon mal. Aber auf Dauer macht uns das keinen Spaß. Je nach Großwetterlage werden wir nochmal umdisponieren.
Letztendlich bleiben wir zwei Tage auf Lefkada. Wir erkunden den Westen der Insel mit dem Roller und sind dabei auf traumhaften Küstenstraßen unterwegs. Welch spektakuläre Ausblicke, das Meer funkelt. Außerdem stoppen wir an sagenhaften Stränden. Am ersten Tag herrschen optimale Bedingungen zum Schwimmen und Fische beobachten. Am 2. Tag ist es sehr windig und die Wellen sind so intensiv, dass nur planschen möglich ist. Und Wellenbeobachtung hat ja auch etwas.







Dann streichen wir den Plan, von hier nach Korfu überzusetzen. Wir wollen nochmal antesten wie es mit dem Radeln bei der Hitze klappt und fahren weiter nach Norden.
Auf dem Weg vor uns liegt mal wieder ein Meerestunnel. Der beeindruckt uns nicht so, er liegt nur 50m unter dem Meer. Aber es ist verboten, mit dem Fahrrad durchzufahren. Es soll einen Shuttle geben, niemand weiß was genaues. Also radeln wir durch die sommerliche Hitze und stehen irgendwie vor dem Tunnel. Kein Schild, kein Hinweis, nix. Barbara geht zum Mauthäuschen und fragt nach. Sie kommt mit einer Telefonnummer zurück. Wir rufen an und in wenigen Minuten soll ein Taxi kommen. Dann kommen zeitgleich ein Taxi und ein Sprinter der griechischen Straßenmeisterei. Beide wollen uns durch den Tunnel bringen, aber das Taxi ist einfach zu klein und wir nehmen den Kastenwagen.

Wir treffen und sprechen die ersten Reiseradler:innen. Es sind deutsche oder schweizerische Biker:innen, die alle nach Süden unterwegs sind. Die meisten haben schon tausende Kilometer hinter sich und können uns wertvolle Tipps für die Strecke geben.
Nach dem Tunnel geht es weiter auf dem Eurovelo 8 durch die Berge. Wir fahren einen Trail jenseits der Straße und bei einem kleinen Anstieg passiert es denn. Christian stürzt. Das E-Bike hat einfach einen anderen Schwerpunkt und lässt sich nicht so leicht beherrschen wie ein normales Mountainbike. Zum Glück passiert der Schulter nix und wir sind schnell wieder auf den Rädern. Christian fährt vorsichtig weiter und trödelt etwas. Dann versperrt eine riesige Schlange den Trail. Sind Anakondas eigentlich giftig – kommt ihm in den Sinn? Vorne oder hinten, wo fährt es sich am besten vorbei. Barbara war weit weg, wenn die Schlange jetzt zubeißt, ist Christian auf sich alleine gestellt. Er entscheidet sich, hinten an der Schlange vorbei zu fahren. Das ca. 80 cm lange Monster lässt ihn passieren und dank Turbomodus ist er schnell bei Barbara.




















Der Weg geht weiter über die Berge, auf Nebenstraßen durch kleine Dörfer. Gegen 11.00 Uhr kommt Hunger auf und wir halten an der einzigen Kneipe eines kleinen Bergdorfes an. Ein alter Grieche begrüßt uns mit „Guten Morgen“ und wir plauschen auf deutsch mit dem emaligen Werftarbeiter aus Kiel. Häh, hier und am Tag vorher auch, können alle plötzlich deutsch? Christian geht in die Kneipe und fragt ob es etwas zu essen gibt. Chris, der griechische Wirt, ist in Plettenberg als Sohn eines Gastarbeiters geboren und 40 Jahre in Deutschland geblieben. Christian und Chris, beide ungefähr im gleichen Alter, Motorradfahrer und gerne am Herd, finden schnell zueinander. Und so erzählt uns Chris viel Insiderwissen über Griechenland und wir bekommen Antworten auf all die Fragen, die bisher unbeantwortet blieben. Nach einem Toast, leckerem Cappuccino und einem Gurkenkauf beim fliegenden Händler ist der kommende, heiße Anstieg machbar.


Wir kommen nach Igoumenitsa, eine junge Stadt mit bitterer Vergangenheit. Die deutsche Wehrmacht zerstörte den Ort 1944. Er musste neu aufgebaut werden. Igoumenitsa liegt kurz vor der albanischen Grenze und wir sind schon ganz gespannt auf Albanien. Wir checken nochmal die Streckenabschnitte und ob es am Ende einer Tagestour jeweils einen Campingplatz geben würde. Alles Bestens. Da die Temperaturen nochmal steigen, planen wir, nach sechs weiteren Radeltagen in der albanischen Stadt Durrës zu überlegen ob wir den Weg nordwärts mit einer Fährfahrt abkürzen.
Der Wecker am nächsten Morgen klingelt um 5.00 Uhr. Wir checken nochmal alles ab: Hilfe, die Temperaturen klettern auf 38 Grad. Wir geben auf: bye, bye Albanien und Montenegro. Für den nächsten Tag buchen wir eine Fähre nach Venedig. Für Italien ist es weniger heiß gemeldet. Wir freuen uns schon auf das Radeln in kühleren Gefilden.
Schön, wieder von euch zu lesen und „mitreisen“ zu können.😉 Liebe Grüße Barbara
Es ist so schön wieder ein Stück mit euch zu radeln. Die Bilder sind beeindruckend und eure Reise ein Abenteuer. 🍀